PB Land und Leute

III. Land und Leute


Über die Mode der Menschen unseres schönen Landes Paysage Belliqueux, wie ich sie beobachtet habe und was dazu zu sagen ist

Nach all den schwer auf dem Herzen lastenden Schilderungen über die Begebenheiten der letzten Jahre will ich mich nun einem Thema widmen, das dem geneigten Leser zum Zeitvertreib dienen mag.  Von der Mode soll die Rede sein, und zwar in der gänzlichen Form.

Es ist bekannt, daß der Arme das am Leibe trägt, was er sich leisten kann. Und so habe ich schon manchen gesehen, der sich nur mit dem schürzen konnte, was er als Spende von den Herren und Damen bekommen hatte, oder von jemand anderem. Doch der, der es sich leisten kann, der kleidet sich auf folgende Art und Weise:

Auf dem Haupte trägt er einen Hut, der vielerlei Gestalt haben kann. Am weitesten verbreitet ist die Chaperon, die es schon sehr lange gibt. Aus viel Stoff und in den verschiedensten Variationen gefertigt trägt sie auch der Adel. Das Barett ist genauso wenig aus der Mode gekommen wie die Chaperon, meist sieht man es mit einer Feder. Männer und Frauen tragen dieses gute Stück. Manche tragen auch hoch aufragende Kappen, manche sind spitz zulaufend, andere wiederum gerade wie ein bearbeiteter Holzstamm. Die Bundhaube hingegen trägt man selten allein, aber immer unter anderem, fast nur im Kampfe, oder bei schlechtem Wetter. Aber auch Kappen aus wenigem, aber festem Stoff sind in Mode und unterstreichen die Mildtätigkeit eines Mannes. Kapuzen und Gugeln sind jedoch fast nur beim Klerus zu sehen oder beim gemeinen Manne, denn wer Geld hat, trägt einen Mantel mit angenähter Kapuze, welche der kleinen Gugel gleicht.

Die Dame trägt, wenn sie verheiratet ist, das Haar verborgen unter Schleier und spitzer Haube, doch auch sie trägt bisweilen das Barett. Unverheiratete tragen das Haar offen, manchmal gebändigt, manchmal nicht. Sehr gefragt sind zierliche Reifen, die den Kopf umschließen.

Der Mann trägt oft eine enge Jacke über einem Hemd oder etwas vergleichbarem. Die Ärmel der Jacke sind hier geschlitzt oder gepufft und unterstreichen den Reichtum. Die Hosen sind eng und anschmiegsam, und man trägt weite Hosen nur sehr selten, will sagen, wenn es sich nicht vermeiden läßt. Die Schuhe sind spitz zulaufend, doch nur wenige leisten sich solches, denn es ist teuer und nutzt sich am schnellsten ab. Bei schlechtem Wetter trägt man Trappen, das sind Holzgestelle zum Unterschnallen unter die Schuhe oder Stiefel. Wer reitet, trägt letztere. Sie sind äußerst fest und hoch, mit Spangen, Schnallen oder Riemen, so auch die Schuhe. Die Frau trägt ein Kleid, dieses hat einen weiten Ausschnitt. Ja, es ist seit einiger Zeit schon üblich, die Haut des Brustansatzes, was schreibe ich, ja fast die halbe Brust zu zeigen! Über die Schuhe einer Frau vermag ich nicht viel zu sagen, denn es schickt sich nicht. Doch wer sich von den Männern keine Hose leisten kann, trägt immerhin kleidsame Beinlinge. Auch, wenn diese altmodisch sind, so sind sie besser, als nackte Haut.

Man muß auch all die verschieden Trageweisen jeglicher Kragen, Ärmel, Kleidersäume und so weiter beschreiben, doch hier sind dem Einfallsreichtum und der Fantasie des Trägers oder der Trägerin fast keine Grenzen gesetzt. Was zählt und den Reichen vom Armen unterscheidet, ist die Menge des Stoffs, der Reichtum der Verzierung, welche aus Stickerei oder gar aufgenähtem Gold bestehen kann, und natürlich die Art und die Beschaffenheit des verarbeiteten Stoffs. Ärmel der Mäntel oder Überwurfe, so sie welche haben, sind deswegen gerne weit und lang, auch und besonders bei den Kleidern der Damen.

An Farben ist alles erlaubt, doch schmiegen sich die Fürsten gern in bunte oder eben in dunkle Stoffe. So gilt schwarz als Farbe des Stolzes und rot als Farbe der Lust, aber auch als Farbe der Stärke. Gelb trägt mancher Hitzkopf, blau ist die Farbe der Treue und der treuen Liebe, grün hingegen die Farbe der Hoffnung und der neuen Liebe. Grau ist beliebt bei den jungen Leuten, setzt es doch Akzente; und außerdem mag man orange, violett oder lila, auch das rosa ist gefragt bei jungen Frauen. Wer weiß trägt, gibt meist falschen Schein vor und ist selten rein, doch zu Verzierungen taugt es allemal.

Mann wie Frau tragen stets einen Gürtel, und auch hier verrät die Ausführung und Länge über Stand und Reichtum. Auch Schmuck sieht man bei beiden Geschlechtern, Ringe, Ketten, Anhänger, Armreife. Doch dieser ist noch selten, als es in Zukunft vielleicht kommen wird.

 

Vom Adel und seinem Eisenkleid und vom Bogen des gemeinen Mannes

„Der Herr schätzt sein Kleid aus Eisen“ sagt man in Paysage Belliqueux des öfteren. Er geht in soviel Rüstung in den Kampf, wie er es sich leisten kann. Man trägt den Helm über einer Leder- oder Kettenhaube, ein Kragen aus Eisen oder Leder schützt die Schultern und den Hals. Man schätzt, obwohl man es schon sehr lange benützt, das Hemd aus Kettenringen, am liebsten aber trägt man Plattenzeug an Rumpf, Armen, Beinen, Füßen, Händen. Leder trägt der Unbegüterte, mit Nieten übersät.

Doch das Kleidungsstück, was man stets tragen muß über dem Eisenkleid, ist der Rock mit dem Wappen, wenn man wappenfähig ist. Der Rock ist, je nach Geschmack, lang oder kurz, doch er darf nicht behindern im Kampfe. Das Wappen muß klar erkennbar sein. Die meisten Herren tragen einen Wahlspruch an ihrem Rock, der sie neben ihrem Wappen erkennbar macht.

Wer in Eisen geht, der geht in Waffen. Und die anderen Waffen, die man bei sich trägt, sind Dolch und Schwert, Schild mit Wappen, Hammer, Flegel, Morgenstern, Streitkolben, selten die Axt, oft Lanze oder Hellebarde, großes Schwert (doch dann ohne Schild).

Den Bogen benutzen nur die einfachen Leute, als Waffe für den Herren ist sie verboten. Auch Armbrüste sind ihm im Kampfe untersagt, doch für die Jagd ist sie erlaubt.

Über die Ritterschaft soll an anderer Stelle die Rede sein.

 

Von der Baukunst und anderem weltlichen Tand

All das, was der Reisende in unserem Lande zu Gesicht bekommt, mag für ihn neu sein... Doch für uns ist es das Streben nach Glückseligkeit und Seelenheil, welches uns zu so großartigen und bewundernswerten Bauten treibt. Hohe Kathedralen mit ihrem spitzen Zulauf sind bei uns keine Seltenheit... Man bemalt Wände mit den Bildern des Todes, denn ach, wir sind alle sterblich... Es gibt Reliquien, die hat schon manch einer gesehen... Es gibt Häuser, in denen mehr als eine Familie wohnen kann... und wir haben natürlich Waffen, die uns alle schützen vor denen, die unlauteres Werk betreiben wollen. Unsere Schiffe sind groß und schnell, unsere Pferde sind kräftig und ausdauernd. Doch soll der Reisende all das selbst beurteilen, wenn er hier ist.

So gibt es bei uns auch jene, die sich sogar auf die Handhabung von Hakenbüchsen verstehen, wenngleich den Leuten in der Stadt der Umgang mit der Armbrust vertrauter ist.

Der Adel sieht das nicht gern, doch das ist der Adel, und der Adel hat seine ihm ganz eigenen Sätze.

Kurzum, bei uns gibt es all das, wovon ein Bewohner Astydiens oder irgendeines anderen Landes nur träumen kann, sei er Herr, Knecht, oder bettelarm.

 

Ein paar Worte über die holde Weiblichkeit in unseren schönen Landen

Sicherlich ist unsere Historie wichtiger für jeden Reisenden als die holde Weiblichkeit. Doch dem Schreiber juckt es in den Fingern, wenngleich er ermüdet ist von der Strapaze des Lebens, über die Frauen und die Damen zu schreiben. Denn diese bewegen einen jeden Mann das ganze Leben lang.

Unsere Frauen und Damen sind die Pracht und die Augenweide unseres Landes. Vor allem die Damen sind sittsam und an Tugenden reich. Sie kleiden sich auf schönste Weise und ehren unser Land mit ihrem Benehmen. Die Mode legt ihnen auf, sich immer wieder aufs neueste einzudecken mit raffinierten Gewändern und manch einer weiß nicht mehr, wo ihm der Kopfe steht, wenn er zu tief in die Augen jener Damen geblickt hat. Ach...

 

Nun ja, und derjenige, der es nicht besser weiß, der wird sicherlich auch in den tiefen Gefilden einer Frau versinken können, die sich in den dunklen Gassen herumtreibt wie eine streunende Katze... Doch was ist schlimmer, frage ich: Die Katze, die streunt, oder der Kater, der die Maus reißt? ...