PB Frauen

V. Von der Frau in unserem schönen Lande. Was sie tun darf, tun soll und was die Dame von Stand betrifft.


Ganz gleich, ob von hoher Geburt oder von niederem Stande, in unserem Lande ist die Weiblichkeit ein hohes Gut. Ein jeder Mann hat Sorge zu tragen für die ihm Anvertraute und unter seinem Schutz stehende Frau, und manch einer ließ auch schon sein Leben für seine Auserwählte, ob es die seine war oder nicht.
Es hat seinen Grund, warum es bei uns mehr weibliche Märtyrerinnen und Heilige gibt, als männliche: Denn das weibliche Fleisch ist von Natur aus anfälliger für die bösen Machenschaften des Bozephalus, sprich der Hexerey. Deswegen muß der Mann acht geben auf die Frau oder gar die Dame an seiner Seite. Vielleicht steht sie ihm aber auch gegenüber, und er soll ihr nicht zu lange in die Augen schauen, denn sonst schießt Frau Minne einen Pfeil durch die Augen ins Herz und der Mann ist jämmerlich verloren...

Die Frau soll nicht das tun dürfen, was der Mann tun darf und muß, zumindest gilt dies für all diejenigen, die von Stande sind. Der Mann soll sich ritterlich verhalten gegenüber der Dame und auch sonst allen anderen gegenüber. Und da der Ritter keine Dame schlagen soll, versteht es sich von selbst, dass die Dame, die mit guter Zucht erzogen ward, sich keine Hosen, geschweige denn das Eisenkleid des Mannes nimmt. Es ist eine Unart in anderen Ländern, dass die Dame sich in Waffen übt und der Ordnung des Eynen und Gerechten nicht gefällig. Doch die Dame soll das Gut verteidigen, wenn der Gatte nicht zugegen ist und auf ihre Ehre keinen Makel kommen lassen. Tut sie das nicht, vernachlässigt sie ihre Pflichten und vor allem auch das vom Eynen gegebene Recht, den Haushalt zum besten zu führen. Der Mann soll ihr nicht hineinreden, außer, er weiß es aus Erfahrung besser.
Im gemeinen Volke gibt es kein Gesetz, dass es der Frau verbietet, zu den Waffen zu greifen.

Nur das Weib kann Ehebruch begehen, liegt es doch an ihr, Kinder zu gebären, auf dass das Geschlecht sich weitertrage zum Ruhme der Familie. Das Gebären und erste Erziehen der kinder ist das Recht der Frau. Welcher Mann würde sich erdreisten, ein Kind bekommen zu wollen? Sicherlich genauso wenig würde eine tugendhafte Frau die Waffen ergreifen wollen.

Manch lästerlicher Mund behauptet, dass die Frau des gemeinen Volkes mehr tun darf, als die Dame, doch dem ist nicht so: Nur oftmals gebietet die Unbill des Lebens, dass der Frau der Mann stirbt und die Verwandten sie im Stich lassen, so dass sie all ihr Geschick anwenden muß, um zu überleben. Aber eben das ist es, was das Volk unterscheidet von denen, die von Geblüt sind.

Das weltliche Geschick liegt immer in der Hand des Mannes. Allerdings begründet sich das Erbrecht und die Linie der Familie auf die weibliche Erblinie. So ist es nicht verwunderlich, dass, wenn der König stürbe, ein neuer König den Thron besteigt, anstatt dass die Königin allein regiert. Kein Gesetz legt fest, dass dieses Vorgehen gegen das ordentliche Leben verstöße... doch das Althergebrachte weist keinen Fall auf, in dem eine Frau allein regiert hat, ob als Königin oder Duchesse oder irgendeinem anderen Titel mit Ausmaß.
Was das Geistliche anbelangt, so sollen der Frau und der Dame keine Grenzen gesetzt sein. Doch es ist bis heute so gewesen und wird sicherlich auf lange Sicht so bleiben, dass das große Denken öfter dem Manne anheimfällt als der Frau.

Die gute Sitte verlangt die Züchtigkeit der Frau, derer sie sich gerne beugt: Ist es doch das Recht der Frau, nach außen zu kehren, was sie hat. Nur die unverheiratete Dame trägt die Haare offen, denn die Unverheiratete ist eine Jungfrau. Die gemeine Frau, die ihre Haare offen trägt, ist entweder unverheiratet oder eine Dirne, die sich verkauft.

Die Frau hat kein Recht, dem Manne in die Heiratspläne für die gemeinsamen Kinder zu reden. Der Mann soll die Familie weiterführen, aber das Anrecht bestimmt schließlich die weibliche Linie. Denn diese Art und Weise mehrt den Besitz sicherer als durch die Linie des Mannes. Es gilt bei uns das Recht: Wenn ein Mann von niederer Geburt ist als die Zukünftige, so werden die Kinder den Stand der Mutter haben. Deswegen heiratet mancher gern in eine höhere Familie ein. Bei einer Trennung, die die Frau sich zuschulden kommen lässt – denn anders ist es nach Brauchtum nicht möglich – darf die Frau ihre Morgengabe behalten, denn nichts anderes ist die Morgengabe: Ihr Besitz, über den nur sie frei verfügen darf.

Bei Leuten von nicht hoher Geburt soll die Frau Gewerbe treiben dürfen, aber nur das Geächtete: Im Gegensatz zum Manne soll sie sich verkaufen dürfen, denn alles andere wäre verderblich. Kaufleute betreiben kein Gewerbe, auch Handwerker nicht. Kaufleute handeln und Handwerker stellen her. Überhaupt ist Gewerbe etwas, was das Werben angeht, und da der Mann sein Fleisch zum Genuß nicht feilbieten soll, so soll die Frau es dürfen, aber nicht die Dame.
Doch eine Frau aus Kaufmannsfamilie, die nicht von Stand ist, soll handeln dürfen mit Waren und die Frau eines Handwerkers soll ihrem Manne zur Seite stehen, wie es sich gehört.

Ihr seht, lieber Leser: Die Frau und die Dame haben hohes Ansehen in Paysage Belliqueux.